Kleine Grübelei über Töpfe und Deckel

Man hat sich ja nicht erst seit gestern gefragt, wer die hässlichen Leute aus der U-Bahn eigentlich heiraten soll, die schlecht angezogen öffentlich laut telefonieren und mit einem bemerkenswert wenig differenzierten Wortschatz dabei ganz unglaubliche Dinge zum Besten geben. Thematisiert man aber dieses Erstaunen gegenüber Dritten, so bekommt man meistens die Antwort, dass auch diese zerbeulten Töpfe Deckel finden, die dann eben auch genauso zerbeult seien.

Mit den Jahren aber häufen sich die Verdachtsmomente, dass nicht wenige zerbeulte Töpfe ihr zerbeultes Pendant nicht haben wollen. So hört man von alleinstehenden Frauen ab und zu, alle Männer, die sie kennenlernen, hätten einen Hau, würden kaum kommunizieren, seien durchweg Versager und wollten keine Familie. Von den Männern liest man, die deutschen Frauen seien hartherzig, dick, überemanzipiert (was auch immer das heißen soll) und nicht so sonderlich weiblich.

Natürlich trifft das nicht zu. Das weiß jeder, der ab und zu auf die Straße geht und mit Leuten spricht. Es gibt Hunderte blendend aussehender Männer in Mitte. In einigen Bars verkehre ich nur, wenn es mir gerade ganz, ganz prächtig geht, weil alle anderen Frauen so hübsch sind, dass ich mir vorkomme wie, nun, wie eine einzige Beule. Die meisten Männer, die ich kenne, haben verhältnismäßig gut bezahlte und spannende Jobs, hegen den Wunsch nach einer Familiengründung, interessieren sich gleichermaßen für Theater wie Fußball und können klug darüber (und über alles andere) reden. Auch die meisten Frauen rund um mich herum sind gut angezogen, lustig, machen beruflich irgendetwas Interessantes, gehen entspannt damit um und tragen maximal Größe 38. Es liegt also nicht daran, dass es keine interessanten Männer und Frauen gibt. Es liegt wohl – das muss man so hart sagen – an den Leuten, die trotz ihrer Beulen im Blech nur eine Prunkvase wollen.

Der Presse entnehme ich, die Männer suchen ihr Prunkgefäß dann gern im Ausland, wo auch ein unscheinbarer Systemtechniker eine ganz hübsche Frau bekommt, die ihm selten widerspricht. Für die einheimischen Damen scheint das kein besonderer Verlust zu sein, ich jedenfalls hätte mich nie mit einem der in diesem Artikel beschrieben Herren verabredet, weil sie nicht so sonderlich amüsant und dafür ziemlich konventionell wirken. Die Frauen, so nehme ich an, kaufen sich nach der erfolglosen Prunkgefäßsuche irgendwann eine schöne Katze, zünden sich selbst Kerzen an und haben fröhliche, nette Freundinnen, mit denen sie in Urlaub fahren. Ich war nie lange Single, aber das Leben meiner alleinstehenden Freundinnen sieht aus meiner Warte nicht unkomfortabel aus.

An sich müssten die Männer und Frauen mit den Beulen mit dem Ausgang der Suche so ganz zufrieden sein. Die Männer hocken mit einer polnischen Frau in einem Häuschen in Spandau. Die Frauen streicheln in Charlottenburg ihre Katzen, und so wundert es mich jedesmal ein bißchen, wenn ich die erbitterten Kommentare unter Artikeln wie dem oben verlinkten lese, in denen Leute einen Geschlechterkrieg ausfechten, der an mir vorbeigegangen sein muss und den ich nicht einmal aus der Distanz mitbekomme, es sei denn im Netz.

12 Gedanken zu „Kleine Grübelei über Töpfe und Deckel

  1. Die Betrachtungen gefallen mir gut, vor allem der letzte Absatz. Ich habe den Artikel ebenfalls gelesen. Ich stelle fest, dass sich etwas in den letzten dreißig Jahren geändert hat. Damals war man allgemein im Ausland noch viel mehr von Exotik oder auch von dem Eindruck, dass sich die Frauen viel mehr bemühten fraulich zu wirken, beeindruckt.
    Heute stelle ich in einer Stadt wie Belgrad fest, wie viel hübscher sich die Frauen geben und das trifft auch im Alter ab 40 bis 60 zu.

    Dort habe ich allerdings eine ganz andere These in petto. Wenn der letzte Krieg gerade erst mal 12 Jahre zurück liegt, ist es viel einfacher, sich auf das kleine Glück zu freuen. Eigentlich war ich auch als Kind durchaus von den österreichischen Frauen begeistert, die ich so gesehen habe.

    Karriere und Erfolg sind nicht unbedingt der Attraktivität einer Frau abträglich. Vielmehr sind es Sitzkreis, Selbstverwirklichung und hundert verschiedene Gesundheitsbewegungen, die für mich nur mehr Ausdruck einer fehl geleiteten Sinnsuche sind. Da wiederum gebe ich dem Medien Fernsehen und Illustrierten die Schuld, die letztlich einen überbordenden Materialismus in unsere Gesellschaft bringen.

    „Schaffe, schaffe, Häusle bauen“ gefällt mir ja auch sonst nicht. Mit 37 Jahren Ehe bin ich aus dem Beziehungsspiel ja schon etwas heraußen. Aber ich kann mittlerweile resumieren: Frauen, deren Materialismus zu deutlich sichtbar wird, wirken zumindest auf mich unattraktiv. Allerdings scheint hier ein Paradox auf. Die Frauen aus dem Osten sind nicht weniger, vielleicht noch mehr materialistisch. Doch irgendwie schaffen die das, es nicht so sehr nach außen hängen zu lassen. Bis auf ein paar, die dann aber eh die richtigen Männer kriegen und nach ein paar Jahren wieder solo sind.

    Irgendwie scheint das jetzt ein Ergebnis einer morning creative writing Übung geworden zu sein. Die sollte man einfach wegwerfen. Mach ich aber auch nicht:)

  2. REPLY:

    Ihre These, es sei die sonderbare Welt der Selbsterfahrung, die Frauen an Leib und Seele verunstalte, kann ich nachvollziehen. Hier spielt zum einen so eine protestantische Spar-Sinnlichkeit mit, zum anderen tut es Leuten selten gut, wenn sie sich sehr intensiv mit sich selbst beschäftigen.

    Auf der anderen Seite scheint es aber auch nicht so vorteilhaft zu sein, sich gar nicht mit sich selbst zu beschäftigen, wie es bei manchen Männern zu gehen scheint, die weder kritisch über ihr Verhalten, noch über ihr Aussehen, über ihre Vorurteile oder ihren Platz in der Welt zu reflektieren scheinen, wenn man das so liest. Beiden Seiten gemeinsam mag so ein gewisser Mangel an Begeisterungsfähigkeit sein, auch anVerspieltheit, zweckfreier Fröhlichkeit, Großzügigkeit im Umgang mit den eigenen Ressourcen und den fremden Schwächen und der Lust, einem Geliebten Gutes zu tun, ohne auf den eigenen Vorteil zu sehen.

  3. REPLY:

    Das ist sagenhaft komisch, auch wenn das aus der Betroffenenperspektive natürlich anders aussieht. Was für Kreaturen.

    (Allerdings vermute ich, dass die Angelegenheit von der anderen Seite auch nicht besser aussieht. Es läuft ja jeder allgemeinen Lebenserfahrung zuwider, dass der Anteil irrsinniger Frauen signifikant höher als der der Männer sei. Ich tippe da ja auf Gleichstand der Gestörten. Vermutlich ziehen solche Plattformen aber jede Menge sonderbare Existenzen an. Zwischen denen dann die Normalen zu finden, ist sicher eine komplexere Sache.)

  4. REPLY:

    Ich hoffe, ich habe mich nicht zu missverständlich ausgedrückt. Die Beschäftigung mit sich selbst ist schon notwendig. Ich verwehre mich nur gegen das Ausrichten dieser Beschäftigung am gerade jeweils gängigen Hype.

    Beiden Seiten gemeinsam mag so ein gewisser Mangel an Begeisterungsfähigkeit sein, auch anVerspieltheit, zweckfreier Fröhlichkeit, Großzügigkeit im Umgang mit den eigenen Ressourcen und den fremden Schwächen und der Lust, einem Geliebten Gutes zu tun, ohne auf den eigenen Vorteil zu sehen.
    Eine sehr schöne Zusammenfassung, die ich hier gar nicht erwartet hätte:) Negiert man den Mangel, so könne ich mir vorstellen, dass ohne die beschriebenen Eigenschaften so etwas wie Liebe sowieso unmöglich ist. Oder anders ausgedrückt: das Fehlen dieses Mangels, speziell in Bezug auf eine Person, kennzeichnet recht gut den Begriff Liebe.

  5. REPLY:

    Es gibt aber auch in Wien durchaus eine Menge hübsche Mädels, das fällt mir jedes Mal wieder auf 🙂
    Und ein Mann, bei dem „wochenlang die Gebrauchsanweisung im unbenutzen Backofen“ liegt ist für mich sowieso indiskutabel… aber anscheinend wollen Frauen ja keine Männer, die besser kochen können (die Sache mit dem Frühstücksei hatten wir ja nebenan schon – wobei das nun ja nicht wirklich etwas mit Kochen zu tun hat, sondern nur mit der strikten Einhaltung einer ganz simplen Anleitung…).

    Und selbstverständlich ist die Auseinandersetzung mit sich selbst unabdingbar, sollte aber eben nicht das Einzige sein, das man tut…

    Zum Thema „unscheinbarer Systemtechniker“: *hüstel*… einfach mal kurz darüber nachdenken, dass man ohne die ja hier gar nicht bloggen könnte. Und die richtig guten haben wahrscheinlich in ihrem Leben mehr gelernt als Otto Normalverbraucher in der zehnfachen Zeit auch nur ansatzweise schaffen würde (davon abgesehen halte ich mich nicht gerade für unscheinbar, sondern eher für unkaputtbar).

  6. REPLY:

    Die Nützlichkeit eines Berufsstandes scheint mir kein hinreichendes Argument für ihre Atraktivität zu sein. Ich bin mir aber sicher, da gibt es auch ganz reizende Exemplare. Ich hab‘ halt kein Faible für Techniker, aber Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.

  7. ich habe vor einigen jahren in unserem büro eine russin eingestellt. was in dem artikel beschrieben ist kann ich daher aus arbeitgebersicht bestätigen: sehr unkompliziert, patent, sehr freundlich und nicht so verkopft. ich glaube das verkopft sein ist das neue deutsche frauenproblem. oder wie ich es immer primitiv herunterbreche: wo bei frauen gerne mal ’ne längere diskussion ansetzt, bestellen männer einfach wortkarg noch ’ne runde bier und glauben in dem augenblick, dass alles besprochen ist [sie glauben das WIRKLICH]. was davon der bessere weg ist … ich weiß es nicht. einer davon ist aber auf alle fälle manchmal etwas anstrengend.

    niveauvoller abschluss zum thema: die ulli aus charlottenburg -> http://youtu.be/dlX79vXNvM8

    o.t.: frau modeste, ich war früher – damals – wann auch immer, nie ein besonders großer fan ihres blogs, weil ich größtenteils alles etwas langatmig oder thematisch so lala fand. was soll ich sagen … irgendwie hat sich seit ein paar monaten [so maximal ein jahr] irgendwas hier verändert. es ist nicht mehr so angestrengt, viel lockerer – und hat trotzdem immer öfter [und da geht sicher noch was!] erstaunliche und unterhaltsame höhen. stichwort: usedom. das kann ich noch hundert mal lesen. großartig. einfach großartig. ganz großes tennis. erinnert mich – ohne direkt erkennbaren zusammenhang an eine meiner liebsten fernsehmomente http://youtu.be/LdQyQLs2THM. der zusammenhang ist wahrscheinlich das auf den punkt heraus gearbeitete bild. egal, was ich damit eigentlich sagen wollte: machen sie bitte weiter so – mein blog ist schon langweilig genug.

  8. REPLY:

    Berichtete nicht auch eine Bloggerin aus der unmittelbaren Nachbarschaft einmal über ihre abschreckenden Erfahrungen mit solchen Plattformen? Ich habe da so etwas dunkel in Erinnerung …

  9. REPLY:

    @ modeste:
    Ihre Annahme, dass es auf der anderen Seite (meinetwegen: der Männerseite bzw. bei mir) nicht viel anders aussehen kann, auf der Bühne der Kontaktplattformen, ist natürlich vollkommen richtig – in Anlehnung an das, was Gustave Flaubert vor über hundert Jahren über die Eisenbahn gesagt hat, denke ich, dass dort (Kontaktplattformen) vielen Menschen die Gelegenheit gegeben wird, noch schneller und bequemer aufeinander zu treffen, um gemeinsam geil und doof zu sein; was meinen sie, wie auskunftsfreudig hinsichtlich der Zuschriften auf ihre Profile manche Damen sind, wenn in dunkler Nacht nur noch der Monitor flimmert … was haben wir gelacht. Sogar über uns selbst.
    Denn natürlich war ja auch ich dabei in den Profilen und beim Steinewerfen im Glashaus, issdochklar!
    Ich möchte die Zeit nicht missen, obwohl ich mir unterwegs fast einen Dachschaden geholt … ähh: meinen Dachschaden verschlimmert habe ,-)
    Und seit ich in den letzten beiden Tagen zur Kenntnis nehmen musste, dass sich ein „hochrangiger und führender“ Christdemokrat aus Kiel in eine Pubertierende ver-knallt und diese nächtelang in einem Fünf-Sterne-Hotel ge-knallt hat (trotz bekannt hoher Neuroseinzidenz bei Politikern frage ich mich, was ein Mann in der Lebensmitte sich für eine Partnerschaft mit einem kleinen Mädchen vorstellt), kommen mir meine Eskapaden vor wie hingeträumte Romanzen.

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