Quick Chef

Wieso es ausgerechnet, sagt die D., bei ihr nicht klappt, das wolle sie doch wissen. Keine Ahnung sage ich und schließe mit der linken Hand den Rechner. Eigentlich wollte ich nur anrufen, um zu fragen, ob sie meinen überzählig ersteigerten Quick Chef kaufen will. So einfach komme ich aber nicht davon.

Andere Leute, meint die D., treffen den Mann ihres Lebens doch auch an der Käsetheke. Oder verlieben sich in ihren Chef. Oder ihren Arzt. Oder den Mann, der jeden Morgen in derselben Bahn wie sie nach Mitte fährt. Nur bei ihr habe das alles nicht gefruchtet. Wenn sie Käse kauft, komme sie immer mit Edamer heim und nie mit einem Gatten, und im Büro sei sie zwar Projektleiterin geworden, aber nicht Ehefrau und Mutter.

Selbst das Internet, sagt sie, habe auf ganzer Linie versagt. Sie habe sich angemeldet bei einem Portal mit E, aber aus irgendeinem Grunde habe sie trotz Bild und netter Worte in zwei Monaten nur zu einem einzigen Herrn einen so intensiven Kontakt aufbauen können, dass es zu einem Treffen gekommen sei.

„Und?“, frage ich, auf einmal doch sehr neugierig, und die D. schnaubt. Das Treffen habe stattgefunden. Sie hätten sich in der Traube in Mitte getroffen, weil es da ganz gut schmeckt, aber niemand dort isst, den sie kennt, und so hätte sie dann eine Stunde zur Mittagszeit einem Mann gegenübergesessen, der ziemlich klein, dafür sehr selbstbewusst gewesen sei und – anders, als sie es angenommen hatte – nicht an einer Uni, sondern an einer Fachhochschule studiert habe. Aha, sage ich und behalte für mich, was ich dazu sagen könnte. Ich habe eine andere Freundin, die vor ein paar Jahren aus demselben Grund eine hoffnungsvoll begonnene Romanze abgebrochen hat, und weiß seither, dass der Unterschied zwischen Uni und FH offenbar bedeutender sein muss, als ich angenommen hatte.

Das Gespräch zum Essen sei so enttäuschend verlaufen, dass sie einen dringenden Termin vorgeschützt habe, nur um nicht noch einen Kaffee mit dem fremden Mann trinken zu müssen. Sie hätte es auch keine weitere Minute mehr ausgehalten, dass er immerzu über Politik sprach und dabei die ganze Zeit „der Grieche“, „der Russki“ oder „der Ami“ sagte. Als sie kurz auf die NSA zu sprechen kamen, sprach er sogar mehrfach und völlig ernst vom „Amiland“. Oje, sage ich und suche nach hinreichend tröstlichen Worten.

Immerhin, fährt die D. fort, sei ihr die Absage erspart geblieben, denn bevor sie absagen konnte, hatte er das schon  getan, und zwar unter Verweis auf ihr „nicht passendes“ Aussehen. Wozu ihr Aussehen nicht passe, habe der Mann dabei ganz offen gelassen, und es sei ein sicheres Zeichen für ihre Antipathie, dass sie diese Begründung nicht im Geringsten als verletzend, sondern nur als geschmacklos empfunden habe. Sie suche also weiter.

Immer noch im Netz?, frage ich und überlege, wann ich den Quick Chef ins Gespräch bringen kann. Ich hatte bei Ebay mehrere Quick Chefs knapp verpasst, weil mir immer ganz zum Schluss jemand 50 Cent voraus war, aber dann war ich doch – und das gleich doppelt – zum Abschluss gekommen. „Willst du …“, frage ich, aber die D. unterbricht mich. Ob mir noch etwas einfalle, fragt sie und klingt ehrlich interessiert. Ich verneine. Ich bin nicht gerade eine Spezialistin für die männliche Seele.

Am Ende, tröste ich die D., werde sie aber nicht allein auf dem Sofa sitzen. Schließlich haben ganz komische Leute Männer und Kinder. Da müsse man ja nur mal auf die Straße gehen, behaupte ich, dann sehe man schon, dass die Topf-und-Deckel-Sache sich letztlich ausgehe, und wie immer im menschlichen Leben zahle sich Beharrlichkeit vermutlich aus. Ich zum Beispiel hätte ja erst gar keinen Quick Chef ergattert, und jetzt auf einmal zwei. „Mir würde ja einer reichen. Und quick muss er auch nicht sein.“, lacht die D. und legt auf.

(Falls hier jemand meinen überzähligen Quick Chef haben möchte, bitte Mail an mich. Er ist gebraucht und kostet 18 EUR.)

27 Gedanken zu „Quick Chef

  1. Das Bild mit den Töpfen und Deckeln finde ich immer wieder schön. Weil wir in Deutschland leben, in denen Topfgrößen irgendwie genormt sind. Zumindest bei uns in der WG-Küche ist der Schrank mit den Töpfen fast wie eine 68e- Kommune: Da geht fast jeder mit jedem. Manchmal sollte man sich fragen, ob man nicht eher eine Pfanne oder ein Quick Chef ist – und seinen Deckel im falschen Schrank sucht. Das mit der Käsetheke ist Quark aus der Bravo.

      1. Nun, als Quick Chef findet man natürlich weniger wahrscheinlich einen Deckel wie als durchschnittlicher Suppentopf. Vor allem, wenn man immer nur bei den Suppentöpfen im Schrank abhängt. Quick Chefs sind so selten, dass ich das Teil googeln musste.

        Allen 30+ Singles gemein ist, dass sie von ihrem verheirateten Umfeld die Predigt bekommen, sie mögen die Hoffnung doch bitte nicht aufgeben.

    1. Liebe Madame Modeste,
      Sie haben mir in den vergangenen Jahren schon so manchen nützlichen Hinweis gegeben, aber dieses mal ist es existentiell. Anfang August bin ich in der glücklichen Lage, daß ich eine sehr, sehr liebe Dame in die Uruk-Ausstellung des Pergamon-Museums schleppen kann. Wie es sich gehört, werde ich sie anschließend in ein Restaurant meiner Wahl befördern. Es gibt da schon mehrere gute Adressen. Aber das Gute ist der Feind des Schlechten. Meine Bitte an Sie wär also ein Tipp für ein Restaurant in Laufweite des Pergamonmuseums. Cost-no-object. (Allerdings aus pragmatischen Gründen nicht mehr als drei Besteckteile links und rechts des Tellers.)

      1. Lieber Herr Savall, eine schwierige Ecke. Geheimtipps fallen da eigentlich aus, zumal tagsüber. Gut ist es natürlich immer im borchardt, wenn auch wenig romantisch. Das ist ja sozusagen der öffentlichste Ort Berlins. Wenn noch Mittagstisch in Frage kommt, also bei einem Museumsbesuch am Morgen, so könnte ich das Parioli im Hotel de Rome empfehlen, das aber nachmittags schließt. Besser als im Bocca di Bacco, meine ich. Ansonsten empfehle ich, ein Taxi zu stoppen, „Kurzstrecke“ zu brüllen (pauschal Taxifahren für vier Euro für bis zu zwei Kilometern, aber nur, wenn man heranwinkt), und ins Cavallino Rosso zu fahren (http://www.cavallino-rosso.de). Sehr gutes Essen, und man sitzt sehr ungestört. Abends kann man in der Ecke auch in die tausend cantina oder in den Grill Royal. Das würde ich allerdings von ihrer Begleiterin abhängig machen, manche Frauen fühlen sich da nicht wohl.

      2. Danke, Modeste. Ich glaube, das wird helfen. (Übrigens sind wir dann nachmittags mit einem buddhistischen Antiquar zum Tee verabredet, der eine irre Sammlung von Pressendrucken hat. Wenn dieser Tag nicht spektakulär wird, dann weiß ich auch nicht… Auf jeden fall werde ich die „Traube“ meiden.)

    1. ähhh: Gruss natürlich auch an „D.“ – falls es NICHT die „D.“ sein sollte, die ich schon kenne und sehr schätze, kann mir „D.“ gerne mailen, an welcher Käsetheke sie üblicherweise Edamer und Mann sucht … ich bin bald wieder in Berlin 😉

    2. Die LPG, Herr Docbuelle. Die am Senefelder Platz. Und die D. ist wirklich eine nette Person. Wer sie mal heiratet, wird nichts falsch gemacht haben, meine ich. Sie will nur – und das mag das Problem sein – dass das lange Warten sich gelohnt haben soll. Dieser Versuch nachträglicher Sinnstiftung macht die Sache doch etwa schwieriger als nötig.

      1. #modeste:

        ich (180cm groß und cum laude promoviert) sitze hier gerade bei einem späten Frühstück in der prallen Sonne Dänemarks und habe die Sachlage mit einer mitgereisten, ansehenswert nackt über ihr Brot gebeugten, Laufsteg-erfahrenen Studienrätin ventiliert; wir sind zu folgendem Schluss gekommen: obwohl die offenbar als Investition anzusehende lange Wartezeit die Messlatte ganz schön hoch hängt, sollte ich mich nicht abschrecken lassen (D. auch nicht) und die Käsetheke chez LPG mit den Worten betreten: „Alles kommt zu der, die warten kann!“.

  2. Tja, arme Sau, da hat er nur an der FH und nicht an der Uni studiert. Und wenn an der Uni, dann bestimmt nicht an der richtigen Uni. Und wenn die richtige Uni, dann nicht der richtige Abschluss, Notenschnitt, usw. Und selbst wenn das alles passen täte, dann wäre er bestimmt zu klein, zu gross, zu dick, zu dünn, zu langweilig, überheblich, und was Frau sonst noch so einfallen kann. Und irgendwann ist der Zug dann abgefahren und sie wundern sich, warum der Prinz auf dem weißen Klepper nicht vorbeigekommen ist und dann sind natürlich die Männer schuld, weil die wissen ja gar nichts zu schätzen und sind nur oberflächlich, an schnellem Sex interessiert und überhaupt.
    Habe ich es in etwa richtig zusammengefasst? Ich kenne übrigens einen Mann, der sich gerne in „waidwunde Rehe“ verguckt, sich teilweise jahrelang als Mülleimer für Psychoprobleme verdingt und natürlich selber nie als Freund für die Damen in Frage kommen würde (kapiert er nur nicht). Denn die Mädels laden bei ihm den Müll ab und suchen sich dann den nächsten Typen, der sie so behandelt, dass sie dann wieder bei ihm… ein Teufelskreis. Das ist auch nicht wirklich besser. Aber irgendwie hat wohl jeder mindestens eine Person im Bekanntenkreis, die allgemein als „unvermittelbar“ gilt.

    1. Ich weiß nicht, das scheint mir nicht ganz zuzutreffen. Die D., wie viele alleinstehende Damen, möchte vermutlich nur keine schlechtere Partie als viele Freundinnen um sich herum, und nachdem sie sich so lange und so intensiv bemüht hat, soll es halt auch ein wenig gelohnt haben. Zudem möchte die D. ein wenig „aufschauen“, und das macht die Sache halt nicht einfacher, so als promovierte Juristin.

      1. Nunja, darf man den letzten Satz das so auslegen, dass schon schwer würde, wenn es ein nichtpromovierter nichtbiglaw nur-Berufskollege wäre? Dann wäre vielleicht ein Umzug nach Frankfurt anzuraten. Da gibt es genug biglaw und einsame Dottores zuhauf.

        Das bevorzugte Fischen in diesen Gewässern, ob in FFM oder, so vorhanden, in BLN, könnte allerdings auch zu einer weiteren Enttäuschung führen, denn die typischen FBD-CC-HL-GL-H-W&C usw. Gewächse, die meist nicht nur öfters, sondern öfters nur ausschließlich von sich und ihrer Großartigkeit erzählen, sind doch eher was für den speziellen Geschmack, vor allem wenn dann noch Investmentbanker und das Beratergedöns dabei ist. Da kreisen dann so viele Bauchnäbel um sich, da wird schon vom Hinschauen schwumrig, hören möchte man eigentlich nichts.

  3. Zwei der angenehmsten, interessantesten und im Übrigen auch durchaus gebildeten Herren in meinem Bekannten- und Freundeskreis sind beides Nichtakademiker, die mit meinen (Akademiker-) Freundinnen verheiratet sind. Dies hat zumindest in einem Fall den positiven Nebeneffekt, dass sich die als Rechtsanwältin tätige Freundin (mit demnächst zweitem Kind) ihrer Karriere widmen kann, während er sich neben seinem Job als Fotograf, überwiegend Familienarbeit übernimmt. Sicherlich führt auch diese Konstellation hin und wieder zu Konflikten, von einem Problem des „Nicht-Aufschauen-Könnens“ habe ich bislang noch nichts gehört.

    Im Übrigen frage ich mich, wie ich zu meinem Mann, einem promovierten Juristen, ganz konkret aufschauen könnte? Sollte er abends gepflegt im Sessel sitzend, mir meine tagsüber bei der Arbeit auftauchenden juristischen Probleme auseinandersetzen, die er aufgrund seiner Promotion selbstverständlich besser lösen kann als ich? Hat „Aufschauen“, wenn dies überhaupt noch als Kategorie angestrebt wird, nicht viel eher mit Herzensbildung und guten Charaktereigenschaften zu tun?

    Für die D. käme dann ja eigentlich nur ein Professor – selbstverständlich an der Uni tätig – in Betracht. Vielleicht gibt es einen flotten, verwitweten und hoffentlich habilitierten Anfangsfünfziger, den man der D. schmackhaft machen könnte?

  4. bestell ihr einen schönen gruß und richte aus, dass dieses „nicht passende aussehen“ vermutlich darin bestanden hat, dass er, klein wie er ist, sich neben ihr ziemlich kümmerlich ausgemacht hätte. übrigens nicht nur der optik wegen, wie es scheint. ein wenig enge im kopf klang da auch durch, nicht nur weil er BLOß fh-abschluss hatte.
    und was die d. angeht, soll sie sich die sache mit der käse-theke abschminken. ganz offenkundig ist sie kein käsetheken-typ. da muss frau ein wenig unbedarft und vielleicht weniger selbstbeherrscht sein. mindestens aber ein paar prosecco intus haben. so nett, wie du sie kennst, wirkt sie nach aussen nämlich nicht. denk ich mal so. nicht weil sies nicht wäre, sondern weil der alltag anderes von ihr fordert. es scheint, als würde sie diese pragmatische denkweise ins privatleben mit hinüber nehmen bis hin zur partnerplanung. vielleicht nur sollte sie einmal in sich gehen und bei sich selbst anfragen, was genau sie denn will von so einem mann? dann fielen bestimmte erwartungshaltungen womöglich von allein. das beispiel da oben mit dem beruflich ganz und gar unpassenden partner, der nun hausmann ist, finde ich ausnehmend erfreulich. wenns passt, warum nicht.
    manch eine(r) muss halt gedankliche umwege gehen, um anzukommen.

    1. Ich glaube, die D. will nicht an ihrer Erwartungshaltung arbeiten, sondern jene schlicht erfüllt sehen, wie die meisten anderen Leute auch.

  5. Was mich ja gerade viel mehr als die D. interessiert:
    Ist der schnelle Koch noch zu haben?
    Suche schon länger einen quick chef in bezahlbar. Wenn er jetzt noch grün ist, muss ich ihn haben!

  6. Leider bekomme ich keine automatische Nachricht, wenn mein Kommentar hier kommentiert wird… Schreibst Du mir ne Mail? Wäre toll, danke!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sie möchten einen Kommentar hinterlassen, wissen aber nicht, was sie schreiben sollen? Dann nutzen Sie den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken