Ob es eigentlich einen Markt für Reverse-Influencer gibt? Also Leute, die einen Ruf für kritische bis vernichtende Beiträge in Sozialen Netzwerken haben, auf ihrem Twitter-Account ankündigen, dass sie beispielsweise nach Bad Reichenhall ins Hotel Aspen fahren, das Hotel bekommt das spitz oder wird gleich getaggt, und zehn Minuten später bekommt der Influencer Geld vom Hotelier, sagt alles ab und fährt in ein viel schöneres Hotel? Ab und zu lässt einer das ungerührt über sich ergehen, dann schreibt der Reverse Influencer, wie es im Hotel Aspen wirklich aussieht, und dann kann der Hotelier sehen, wie er das jemals wieder aus dem Netz gekratzt bekommt.
Wenn es das gibt: Mein Job. Ich nörgele gern und sogar umsonst und ganz von selbst. Wobei die Ängste, die die Hotelgruppe hier vor Reverse Influencern ausstehen würde, sich in Grenzen halten dürften. Denn tatsächlich ist hier alles ungefähr so, wie man es erwartet oder zumindest erhofft: Hotelboys, die Koffer auf silbernen Kofferwagen durch die Anlage fahren, die Blumenbeete sind absout unkrautfrei, verblühte Blüten werden sofort von den Büschen entfernt, und die Brotkollektion im Restaurant Verona ist perfekt. Dafür kostet die Pizza 17 EUR und ein Glas Hauswein 8. Wenn man nur zwei Gänge bestellt, wird man im Minutentakt gefragt, ob man nicht noch etwas ordern möchte, und am Nachbartisch sitzen bekannte britische Publizisten und freuen sich über den Brexit. Immerhin sieht man beim Essen Kois.
Weil es haufenweise Leute geben muss, die Teneriffa nicht so öde finden wie ich, ist das Hotel nicht nur voll, sondern auch riesig. Es sieht ein bisschen aus wie die Kulissen von Metropolis, wenn sie rot wären, und das Rot ist exakt dasselbe wie das Rot, in dem das Alexa gestrichen ist, eine Berliner Shopping Mall für Menschen, die Ästhetik hassen. Weil man von der Lobby bis zum Strand fast einen Kilometer unterwegs ist, fährte eine Kleinbahn hier herum, wie sie in leicht aus der Mode geratenen Kurorten zwischen Kurmuschel und Kurhaus, Grand Hotel und Pension Sorgenfrei verkehrt.
Der Kinderclub ist leider irgendwie nie besetzt, vermutlich, weil es gerade kaum ältere Kinder hier gibt. Am Main Pool haben wir die Umkleiden nicht gefunden und er ist nach einhelliger Ansicht von Sohn und mir ein bisschen zu warm. In der Umgebung gibt es nichts, und weil es keinen Bürgersteig gibt, kommt man ohne Mietwagen nur weg, wenn man ein Taxi ruft, aber auf Teneriffa gibt es, meine ich, eh nichts zu sehen.
Das Meer, immerhin, ist herrlich, und der Himmel wolkenlos und von makellos überwältigendem Blau und die Felsen ragen aus dem Wasser wie schwarze Kathedralen Poseidons.