Das große schwarze Loch des privaten Lebens

Eine Entgegnung

Soso, denke ich mir, und lehne mich behaglich zurück gegen die weichgepolsterten Wände des Lochs, in der die deutsche Blogosphäre höchst privat ein wenig Zeit totschlägt. Politischer müsste man also sein, dann wäre man auch bedeutender, und bedeutend zu sein, entnehme ich diesen Zeilen des von mir hochgeschätzten Don D., muss eine großartige Sache sein, und überhaupt jeder sollte Bedeutung anstreben, die in der Sphäre des Politischen offenbar eher beheimatet sein soll als im Reich des ganz und gar Privaten. Die Medien, die man so gemeinhin lesen kann, hätten allesamt versagt, und daher nun sei es an der Zeit, als engagierter Bürgerjournalist Missstände anzuprangern, den Datenschutz etwa, die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und derlei Dinge mehr.

Tja, denke ich weiter. Liegt man also daneben, wenn man nicht an den Primat des Politischen glaubt? Wenn man auch nicht die Ansicht teilt, dass es große, wichtige Themen gibt wie die Widerlichkeit des hessischen Ministerpräsidenten Ro*land K*och, und kleine, bedeutungslose wie die Melancholie der glücklichen Liebe, das herzzerreißende Verblassen alter Bilder, und die Trauer morgens um vier, wenn man nach Hause kommt, und auf einmal merkt, dass alles, was wir tun, gleichgültig ist, und den Herzschlag der Welt nicht ändert. Ist es falsch, wenn man es ein bißchen egal findet, ob die private Krankenversicherung jetzt alle Leute nehmen muss, oder nur die, die mehr verdienen als andere? Schadet man der Relevanz der deutschen Blogosphäre, wenn man sich nicht merken kann, wer gerade Bundeslandwirtschaftsminister ist? Wenn man es sehr okay findet, nicht wählen zu gehen, weil der Regierende Bürgermeister von Berlin ein ohnehin eher dekoratives Amt ausübt, und die Frage, wer es innehat, das morgendliche Aufstehen vor Schließung der Wahllokale irgendwie nicht wert ist? Wenn einem Relevanz im Sinne von Einfluss oder auch nur im Sinne des Wahrgenommen-Werdens eigentlich auch ziemlich gleichgültig ist?

Wenn man davon überzeugt ist, dass angesichts der Vielzahl der zu berücksichtigenden Interessen jeder mehrheitsfähige Kompromiss notwendig etwas durchaus Krötenhaftes an sich hätte, und die Welt schon nicht untergehen wird, egal, ob etwas nun sehr oder nur ein bißchen ärgerlich ist? Weil meine Welt in ihren wesentlichen Zügen okay ist, wie sie ist, und es mir jedenfalls nicht wert ist, die Zeit und das Interesse aufzubringen, daran etwas zu ändern?

Warum, denkt man bei sich, ist es nicht einfach eine tolle Sache, dass es den deutschsprachigen Bloggern bei allen subjektiven Einschränkungen offenbar gut genug geht, um das, was das Leben der meisten Menschen viel, viel mehr bewegt als alle Politik, wichtig und ernst nehmen zu dürfen, und zu schreiben, was man mag, was berührt, was wichtig erscheint, was das Leben verändert, und die öffentlichen Dinge nur als ein Thema von vielen zu behandeln, dessen Unterhaltungswert sich ebenso wie seine Relevanz sehr in Grenzen hält in diesem lauen Herbst unseres digitalen Biedermeier.

46 Gedanken zu „Das große schwarze Loch des privaten Lebens

  1. Ich glaube ja fest an die stille politische Dimension des Privaten und Intimen. Dadurch, dass keine Themen und Agenden diktiert werden, verändert sich bereits die Wahrnehmung der Gesellschaft von sich selbst. Das Private also schliesst eine politische Wirkung nicht aus, im Gegenteil, durch die soziale Wirkung und Öffentlichkeit entsteht durchaus eine Wirkung, ohne dass man sie beschwören müsste.

  2. REPLY:

    Ja, Don, da hast Du sicher recht. Insofern hat es natürlich eine Wirkung auf das Bild, das eine Gesellschaft von sich selbst hat, wenn Blogs von vergeblicher Arbeitssuche trotz hoher Qualifikation erzählen, von dem Spießrutenlauf, im kurzen Rock an einer türkischen Sportbar vorbeizulaufen, und von den kaugummikauenden, blondierten Mädchen, die erkennbar vor Ende ihrer Schulpflicht ihre Kinderwagen zwischen den Kleiderständern von H&M hindurchzwängen.

    Dies alles aber hat für mein Leben – wie für das Leben der meisten Leute – keine besondere Bedeutung. Dass es arm und reich gibt, „neu hier“ und „immer schon da“, dreiste Macher und skrupulöse Prediger, das finde ich völlig normal und nicht weiter skandalös. Ab und zu ist es ganz amüsant.

    Man mag mal mehr und mal weniger einverstanden sein mit der Handhabung der öffentlichen Angelegenheiten, aber einen Vorrang des Öffentlichen vor dem ganz und gar Privaten mag ich nicht anerkennen. es ist mir nicht nachvollziehbar, warum es vorzugswürdig sein soll, sich diesen Dingen mehr zu widmen als den Dingen, die tatsächlich mein Leben ausmachen. Die Welt besteht nicht von vorn bis hinten aus Problemen, die man lösen sollte oder kann, sondern aus lauter Dingen, deren Betrachtung und Beschreibung sich selber genügt. Man schreibt ja nicht, um zu verändern, sondern um zu schreiben. Ich denke, das reicht.

  3. Privat versus politisch…

    ‚Dadurch das keine Themen und Agenden diktiert werden, verändert sich bereits die Wahrnehmung der Gesellschaft von sich selbst.‘

    Das wäre noch zu prüfen…!

    Mir scheint gerade in Ihrem Blog, Herr Don, ein solches Diktat zu herrschen und was ich wahrnehme, ist, dass die Gesellschaft z.B. Ihrer Kommentatoren, sich in ihrer Eigenwahrnehmung eher manifestiert als verändert.
    Das Private, von dem Frau Modeste spricht, führt in aller Regel keine Feldzüge…
    So leicht lässt sich die Arbeitsteilung zwischen dem bloß Privaten und dem Politischen nun mal eben nicht außer Kraft setzen, indem man sie kurzerhand für nichtig erklärt…
    Ausfälle gegen die Entfremdung, die in dieser Arbeitsteilung zum Ausdruck kommt, erscheinen mir im Privaten eher zu glücken, als im politischen.

    Warum das so ist? Ich habe keine echte Ahnung!

    Vielleicht, weil das Politische dem Warenkreislauf unserer ‚Lebenswelt‘ ganz einfach näher steht und sich damit widerstandsloser ins sattsam bekannte Tagesgeschäft einreihen lässt…

    Privat versus politisch…?
    Vielleicht ein weites Feld, ein Schlachtfeld allemal…!

  4. sich eine meinung zu bilden, ist bürgerpflicht. seine meinung zu äußern, bürgerrecht.
    dass ich das jedoch nicht lesen will, weil ich nicht glaube, dass jeder, der einen blog betreiben kann, auch eine für mich interessante/ relevante meinung zum thema vertritt … und ich vielmehr genervt bin von all den polemisierenden legasthenikern da draußen … das nehme ich mir als meine ganz persönliche kleine freiheit heraus.
    und kann in diesem sinne nur zustimmen.

  5. Wenn Sie alle nicht etwas verändern wollten, würden Sie nicht schreiben. Natürlich kann man mit einem Online-Tagebuch keinen Minister absetzten. Und die politische Öffentlichkeit sollte genauso wenig Macht haben, das Private zu bestimmen. Das Medium `Blog´ wird in Zukunft aber immer mehr Macht bekommen. Egal ob man will oder nicht. Wenn Sie ( Kommentator(inn)en eingeschlossen) daran nicht teilhaben, werden Sie sich über Veränderungen, auch in Ihrem privaten Umfeld, nur noch unberechtigt beschweren können.

  6. Da, Herr Wallhalladada, bin ich mir nicht sicher: Die meisten Feldzüge, auch wenn sie sich politisch kaschieren, sind meiner Ansicht nach sehr, sehr privat. Und manches, was privat daherkommt, mag politisch sein. Da sind die grenzen fließend, wenn es denn überhaupt welche gibt.

    Sicherlich hat Esparame recht, und man mag nicht alles lesen. Ich lese auch die Leserbriefseite der Zeitung eher ungern. Ich lese aber auch Zeitung mit zunehmend weniger Interesse, denn vieles geht mich schlicht nichts an, und zu vielen Dingen mag ich nicht einmal Meinung haben, weil es gleichgültig ist, unwichtige Details, Dinge, über die aufzuregen ich unsouverän finde. Oder zumindest uninteressant.

    Und nein, Herr Malles – wie kommen Sie darauf, dass ich etwas verändern möchte? Ich finde die Welt, bar jeden Zynismus, wirklich sehr gelungen. Die Details könnten sicherlich auch anders gestellt sein, hier und da besteht sicherlich Verbesserungsbedarf, Skandale gibt’s immer, und die Ungerechtigkeit haftet der Welt an wie Akne den kleinen Jungs. Das halte ich für unabänderlich, und jede Umwälzung hätte es nur zur Folge, dass das Pfund Ungerectigkeit auf den Schultern anderer Leute läge.

    Schreiben ist, finde ich, Schreibens Grund genug.

  7. REPLY:

    Ich hingegen sehe die Welt als ein großes Schlachthaus an (wohlgemerkt: Nicht nur!) und den westlichen Wohlstand als auf Leichenbergen fußend, die Welt als sehr ungelungen, und dagegen anzuschreiben, nun, die Motivation ergibt sich von selbst.

  8. „Heute nur drei Zeilen, Vater.
    Diese Lepra bringt mich um.
    Ach all das Leid. Ich glaube ich mache
    mein Blog zu. Ich kann nicht mehr.“

    (Mutter Theresa, „My Weblog from Lambarene“)

    Es ist ganz einfach: Wer politisch ist, oder in politsch relevanten Umgebungen wohnt (quasi als embedded blogger begeistert), gewinnt Preise. Wer Tagebuch schreibt, oder, eine digitale Meerschaumpfeife schmauchend, darüber plaudert, dass es nun völlig irrelevant für das Universum sei, ob man im Krieg sterbe oder auf einer Maitresse an einer Dessertgabel ersticke, der gewinnt keine Preise.

    Auch erscheint, wer Preise verteilt oder in der Nähe von Preisen gesehen wird, selbst seltsam ehrenwert, ja: preiswürdig und, ganz nicht zu vernachlässigen: fühlt sich wichtig. Parbleu! Sage ich hier tatsächlich durch die Blume, dass ich mir persönliche Eitelkeit zumindest als Motiv vorstellen kann, wo politisches Engagement als treibende Kraft angeführt wird? Aber ja! Genau das sage ich (jeder nur einen Stein).

    Abgesehen davon kenne ich viele Menschen, die sich wirklich sehr aufopfernd in politisch sehr relevantem Maße engagieren und die haben eines gemeinsam: ihnen geht es nicht darum, Preise zu bekommen, in der Nähe von Preisen gesehen zu werden noch schreiben sie freudig in ihr Blog, dass und wann sie sich wichtig gefühlt haben. Ja, diese Menschen, die sich wirklich sehr aufopfernd in politisch sehr relevantem Maße engagieren, sie bloggen alle nicht. Jedenfalls nicht über Politik. Eher schon über Maitressen und Dessertgabeln. Wenn überhaupt, wie gesagt.

  9. REPLY:

    Engagement für Mitmenschen ist für mich der nächste Schritt. Nach der Selbsterkenntnis.

    Das Zitat von Theresa grenzt, in diesem Zusammenhang, für gläubige Christen an Blasphemie!

  10. REPLY:

    Es versteht sich von selbst, Che, dass es ehrenwert ist, sich für einen Ausgleich der bestehenden Ungerechtigkeiten einzusetzen. es entspricht indes meiner innersten Überzeugung, dass an Stelle dieser Ungerechtigkeiten flugs andere treten würden. Und ich würde stets – wie jeder normale Mensch – im Rahmen meiner Möglichkeiten dafür Sorge tragen, dass das Pfund nicht auf meinen Schultern liegt, Herr Malles. Vermutlich aber, denn das fände ich heuchlerisch, nicht als Bürgerrechtlerin, sondern als das, was es wäre: Als Lobbyistin.

  11. REPLY:

    seit ich schüler unterrichte, die nicht abitur gemacht haben und studiert und aus einem haushalt kommen, wo eine zeitung abonniert wurde, seh ich das ein bisschen anders. wir können es uns leisten, kein akutes interesse für die zustände der welt zu haben, weil wir sie grundsätzlich verstehen. das ist aber eben nicht überall so, und die notwendigkeit, eine position zu beziehen, wird erst klar, wenn man leuten gegenüber steht, die eben keine position und kein grundverständnis für aktuelle themen haben.
    und dann wird aus einem ach-geht-mich-nix-an-thema schnell eine diskussion. weil wir heimlich doch eine meinung haben.

  12. REPLY:

    Sven, Du bist schuld, wenn ich morgen vor lauter Lachen einen fürchterlichen Bauchmuskelkater habe! Allerdings verfüge ich über wenig Bauchmuskeln, das kommt mir hier vermutlich endlich einmal zugute. Im Übrigen hast Du m. E. vollkommen recht. Das laute Engagement, es ist einem wohl zu recht ein wenig suspekt.

    Und da, wo man seine persönlich unbekannte Umgebung „Mitmenschen“ nennt, und nicht einfach „sehr geehrte Damen und Herren“, finde ich es, Herr Malles, aus diesem und jenem Grund ein wenig unbehaglich. Ich mag diese Befindlichkeitsterminologie nicht so besonders.

  13. REPLY:

    Daß Sie meine Terminologie nicht mögen, war mir schon mit Ihrem ersten Wort klar. Vielleicht sollten Sie, anstatt zu Schreiben, lieber Ihre Bauchmuskeln trainieren. (Oder besser Ihre Toleranz)

  14. REPLY:

    Wenn für Sie nur Wert hat, was praktischen Nutzen zeitigt, möchte ich in keiner Welt wohnen, die von Leuten wie Ihnen eingerichtet würde. Eine Denkart, die nur auf das Engagement, das Betreiben von Irgendetwas, abzielt, hat es nicht weit zu den scheinbaren Antipoden, den Kl*aus Kleinfe*lds dieser Welt, für die gleichfalls nur das Greifbare zählt.

  15. REPLY:

    Die ideale Welt macht sich jeder selbst. Ich gestalte Ihre Welt nicht. Wenn ich Ihre Gefühle verletzt habe, tut es mir ehrlich Leid. Insgesamt ist mir der Verlauf dieser Diskussion aber ein wenig zu „melancholisch“ gestaltet worden. Man kann sich nicht beklagen, wenn man den Mund nicht aufmacht!

  16. sich im Internet, also öffentlich

    zu äußern, dass man unpolitisch ist, ist ja auch schon eine politisches Bekenntnis. Und jeder Mensch ist so beschaffen, dass er sich Anhänger machen möchte.
    Was die „große“ Politik angeht, bemerkte schon Tucholsky, sie ist oft genau so, wie sie sich Klein-Fritzchen vorstellt am Stammtisch oder wo auch immer… oder so ähnlich

    meint Mukono

  17. Dass es Menschen gibt,

    die sich politisch engagieren, und solche, die sich eher im privaten Biedermeier einrichten, solche, die versessen Wissenschaft betreiben, und solche, die dem Sport anhangen, und, und, und… Dies alles wundert mich nicht. Wie langweilig wäre die Welt, wären wir alle gleich. Was mich wohl immer wieder sehr verwundert, ist, dass viele es nicht akzeptieren mögen, dass die anderen anders sind als sie selbst.

  18. Vielleicht haben wir einfach irgendwie genug. Nicht aus Politikverdrossenheit oder Frust, sondern weil es einfach immer mehr die Scheinwelt wird: Manchmal kann man TV-glotzenderweise nur noch Köpfe schütteln. Was der einzelne will ist schon lange wurstegal geworden, so lange man das Pulver für mamaweiße Wäsche schnupft und sich intellektuell oder stammtischmäßig mit den öffentlichen Themen (Christiansen-educated Bullshit) befasst. Aber was wollen wir wirklich? Schreiben über das, was uns direkt angeht und dabei finden, daß es einen bis tausende andere auch direkt angeht?

  19. Es ist nicht so, dass ich davon ausgehe, dass jedes Blog politisch zu sein hat. Das wäre ja langweilig. Es ist eine Gedankenkette, die ich da aufgeschrieben habe, eben aus der Erfahrung die ich durch die Gespräche mit ausländischen Bloggern machen konnte. Dabei war eben der Gedanke, dass Blogs, wenn sie wollen, durchaus etwas in Bewegung setzen können, schnell da, weil es in anderen Ländern so passiert.

    Sich aus dem politischen raushalten zu können, ist ein Luxus geworden, der leider auch was mit der Menge an Geld zu tun hat, die man zur Verfügung hat. Je sicherer ich in meiner bürgerlichen Existenz bin, desto weniger muss ich mich darum kümmern. Das war schon immer so und mir geht es da nicht anders.

  20. REPLY:

    Politisch sein heißt für mich immer Politik in erster Person: gegen Mißstände auf die Straße gehen, vielleicht auch einmal eine gut gemachte Sabotage gegen Behördenwillkür, und immer das diskursive Begleiten aktueller politischer Entwicklungen, von meiner Seite aus der Warte des Hisorikers, der in Jahrhunderten denkt und auf den Abgang der heutigen Gesellschaftsordnung wartet. Ich kann es mir nicht vorstellen, wie es ist, ein unpolitischer Mensch zu sein.

  21. REPLY:

    „Wir hatten Sex in den Trümmern und träumten. Wir fanden uns ganz schön bedeutend.“ (Die Sterne, „Trrrrrmer“)

    @ Sven: Kann nicht sein. Selbst ich, der nach Auskunft eines Bedeutungsbloggers noch nichts geleistet hat, habe schon einen Blogpreis bekommen. Und ich sage Euch: Das hat die Welt verändert! Sie ist herbstlicher denn je.

    Ansonsten befremdet mich dieses Streben nach „Bedeutung“ immer ein wenig. Das ist mit 20 bestimmt berauschend, so eine kleine Omnipotenzphantasie. Relevanz kann so vieles haben. Zum Wert des Befindlichkeitsbloggen hat die Kaltmamsell neulich ein paar kluge Worte gesagt.

  22. REPLY:

    Ich hab mir während des letzten Bundestagswahlkampfs das einheimische Politgeblogge mal etwas näher angesehen und festgestellt, dass

    a) mich das ewige Merkel-ist-doof-vs.-Schröder-ist-doof sehr schnell langweilte

    b) ich bis auf sehr wenige Ausnahmen von Bloggerbeiträgen keine grundsätzlich neue oder andere Sichtweisen auf politische Fragen bekam

    und c-tens als Konsquenz daraus für mich ableitete, dass die Welt da draußen auch nicht unbedingt umkommt vor Ungelduld darauf, zu erfahren, wie mark793 das politische Tagesgeschehen einordnet.

    Die Nachrichten und Gazetten erfüllen ihre Funktion in diesem Gesamtverblödungszusammenhang, und ich bin nicht sicher, ob sich Blogger damit einen großen Gefallen tun, sich aus lauter Bedeutungsdrang oder was auch immer in die gleiche Themenmühle hineinzubegeben. Klar, kann man machen. Muss man aber nicht.

  23. REPLY:

    Was heißt hier denn einschlägiges Politgeblogge? Die einschlägigen Politblogs sind für mich etwa Genosse Tabu, Politblogs. ch, Dr.Dean, Artur, Balou, meine Wenigkeit oder auch BLOGS und Statler & Waldorf, aber bestimmt nichts im Umfeld der großen Parteien oder bekannter Politiker.

  24. REPLY:
    Ach Che,

    ich möchte da jetzt weder Namen nennen noch eine Schubladendiskussion anstoßen. Dein Warblog hatte ich in diesem Zusammenhang jedenfalls nicht als Nerv- oder Langweiladresse auf dem Schirm. Zum Teil waren es auch gar nicht die Blogs und Beiträge selber, die mich genervt und abgestoßen haben, sondern die Kommentarschlachten (auch solche beim sonst gern gelesenen Rebellmarkt). Da dachte ich mir dann oft genug, ok, schön, dass uns die Meinungsfreiheit es erlaubt, dass sich jeder zu allem äußern kann – aber eine Verpflichtung, all diese Meinungen auch noch zur Kenntnis nehmen zu müssen, erwächst mir daraus nicht.

  25. REPLY:

    Schon verstanden, Mark. Ich meinte damit auch eher: Politisches Geblogge ist nicht unbedingt mit dem Ödsinn der nur-ernsten, superproblembewusten, straighten und drögen Politblogs identisch.

  26. ach, ob man sich verhält, oder ob man sich nicht verhält. das alles ist doch politisch, und das wissen wir doch schon so lange? wer zieht nicht die grenzen zwischen den füßen auf dem sofa oder dem montagsprotest je nach täglichem gusto oder persönlicher ge-/betroffenheit? nicht nur alles andere, nein, auch politisches handeln ist dem ego unterworfen, und das ist alles andere als schlimm. man muß es nur wissen. ich nehme denjenigen erst ernst, der seine politik (zunächst: sein anliegen) gedanklich, persönlich oder gar betroffen äußert. alles weitere ist jedoch ist ein abbild von dem, was sich peripher in einem weiteren wertekosmos als „gut“ oder „schlecht“ widerspiegelt. das ist wertvoll, aber auch nur gut, wenn es als solches begriffen wird. mutter theresa war in diesem sinn eine penetrante egoistin. nur: sie hatte sich eben etwas „gutes“ ausgesucht. gewiss, der CHE ist mir auch lieber, als alle möglichen anderen, aber: auch der che war massenmörder. das darf man dann, scharf an sich und seinem selbstgewähltem klischee herumdenkend, nicht ganz vergessen.

  27. REPLY:

    Bin gewiß kein praktizierender Christ, aber großer Freund von Satire. Doch Ihre Dreistigkeit diese Frau eine „penetrante Egoistin“ zu nennen, bringt Sie auf peinliche Art geradezu in die Nähe eines solchen.

  28. REPLY:
    Na ja,

    wer Mutter Theresa eine „penetrante Egoistin“, geht zumindest mit der Sprache recht ungewöhnlich um. Richtig ist sicher, dass sie dasjenige tat, was sie für angemessen hielt und wovon sie für sich und andere gutes und heiles Leben erwartete. Falsch ist wohl, dass sie dabei nur an sich dachte; das Gegenteil ist wohl eher richtig.

  29. REPLY:

    Bei dem Namen denke ich an eine Frau, die ganz uneigennützig, für andere um Aufmerksamkeit warb. Heute wirbt doch jeder (auch in Blogs) nur noch um Aufmerksamkeit für sich selbst. Nebenbei: Satire kann ernsthafte Diskussion leider nur begleiten.

  30. REPLY:

    Die These, der Che sei ein Massenmörder gewesen, geistert seit geraumer Zeit durch
    die Wikipedia und wird von interessierter (neoliberaler bis konservativer Seite)
    gepusht. In der gleichen Logik müssten dann allerdings alle, die in führenden
    Positionen Partisanenkrieg geführt haben, als Massenmörder bezeichnet werden, und
    natürlich die meisten Präsidenten und Premierminister.

    Im Übrigen: Nicht ich habe mir den Namen Che gegeben, und die Ikonisierung
    Ches in der Popkultur hat mit dem realen Ernesto Guevara kaum noch etwas zu tun.

  31. REPLY:

    Wenn es einen danach gelüstet, die Welt zu verändern, so möge man das tun, das Streben nach Bedeutung um ihrer selbst willen ist mir indes so fremd wie Ihnen beiden, Herr Kid und Herr Mark. Die vielen netten Abende und angenehmen Begegnungen, die ich Blogs verdanke, sind mir im Übrigen auch bedeutend genug.

  32. REPLY:

    Das, Frau Arboretum, will ich gar nicht bestreiten, indes erscheint es mir dann auch politisch genug, Privates zu erzählen. Und dass Du, Che, nicht denjenigen Blogs zuzuordnen bist, die Herr Mark meint, wissen wir doch alle miteinander, da gibt es ganz andere Kandidaten.

  33. REPLY:

    Klein-Fritzchens Vorstellung der großen Politik wäre, entspräche sie der Realität, ein gewisser Fortschritt, wirll mir scheinen, Herr Mukono. Aber ich verstehe ja auch nichts davon.

  34. Da haben Sie, Herr Sokrates, sicherlich recht. Und natürlich nehme ich nicht an, dass der verehrte Don Dahlmann eine politische Blog-Einheitssuppe lesen möchte. Ich wehre mich nur dagegen, dass alles, was man tut oder schreibt, sich durch Relevanz für Dritte rechtfertigen muss. Im Übrigen, Herr DrNix geht die Welt auch nicht unter, wenn ich nicht zur Kentnis nehme, was da gerade passiert. Ob das wirklich mit Einkommen zu tun hat, glaube ich indes, Don, eher nicht.

    Und zu Mutter Teresa habe ich keine Meinung. Ob jemand etwas für sein Seelenheil oder für fremdes Wohlbefinden tut – wer kann das wissen. Und vielleicht kommt es nicht einmal darauf an.

  35. REPLY:

    @Che
    – Che Guevara hat eine ganze Menge Menschen auf dem Gewissen.
    – Das gilt selbstverständlich auch für die meisten Präsidenten und Premierminister – zumindest alle, die kämpfende Truppen in den Irak oder sonstwohin geschickt haben – oder auch nur die Todesstrafe in ihrem Lande haben…
    – Zumindest bei Che würde ich – ohne mich sehr genau damit auseinandergesetzt zu haben- das zwar als falsch, aber nicht als Massenmord bezeichnen – bei G.W.B. bin ich mir des letzteren nicht mehr so sicher…

    @schneck&comments
    – Egoistin ist vielleicht nicht der treffendste Ausdruck, aber Egozentrikerin oder Egomanin schon:
    Sie hat sicher viel Sinnvolles und Gutes getan, die Motivation kann ich nicht beurteilen, sie mag narzisstisch gewesen sein (für ihr Seelenheil), darüber maße ich mir kein Urteil an. Aber die Starrheit, mit der sie, obwohl sie es besser wissen musste, obwohl sie es in Kalkutta ansah, katholische Dogmatik eines Papstes, der es wahrscheinlich nicht sah und in seinem Palast nicht sehen konnte, vetrat und in den Slums Indiens gegen Kondome und für eine bigotte Sexualmoral kämpfte, die ist nicht mehr zu entschuldigen.
    Und da hat sie viele Menschen auf dem Gewissen – und über die Mordmerkmale diskutiere ich jetzt nicht weiter…

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