Heute also keine Ausgrabungen. Zum Baden ist es aber auch zu windig. Für Ikonen, von denen sie hier in Paphos einige haben, interessieren sich aber weder der J., noch ich; überhaupt stehen wir beide mittelalterlicher Sakralkunst eher distanziert gegenüber. Das ist auch so ein Ding mit zunehmendem Alter: Früher, schon auf dem Hinweg leicht gelangweilt, aus Pflichtgefühl in jede Kirche gerannt, wissend genickt, Heilige erkannt oder auch nicht, irgendwas über den Altar erzählt, dann dreimal gegähnt und wieder ab. Heute gleich morgens beim Blick in den Reiseführer abgewinkt. Wenn es stimmt, dass Kinder aus schierer Lust an der Revolte immer das Gegenteil von Mama und Papa machen wollen, wird der F. seine Tage damit füllen, über gotische Kathedralen nachzudenken.
Stattdessen also in die Altstadt von Paphos. Cafés stellen wir uns vor, kleine, hoffentlich hübsche Lädchen, im besseren Fall mit schönen Kleidern, Schuhen, Wein und Käse, im schlechterem mit abscheulichem, knallbunten Kunsthandwerk. Ich finde ja nicht nur Kirchen öde, ich mag auch weder Glasobjekte noch Töpferwaren. Holzschnitzereien, Lederwaren und Schmuck sind okay.
Also ein Taxi bestellt, taxifahrerliches Begehren abgewehrt, gleich die Rückfahrt mitzuverabreden. Acht Euro bis zur Markthalle, in der es allerdings ausschließlich Souvenirs und diesen Trödel, den man weltweit Touristen andreht, zu kaufen gibt. Teilweise gibt es sogar dieselben Gegenstände wie in Thailand, nur mit Olivenzweigen statt mit Elefanten. Teilweise haben die Anbieter aber selbst diese Modifikationen gespart und verkaufen auch auf Zypern Minielefanten mit Räucherstäbchen im Rüssel und die gleichen falschen Portemonnaies wie in Asien. Der lokale Gemüsehandel findet wegen des offenkundigen Primats des Andenkenhandels vor der Markthalle statt.
Wir wollen keine Elefanten kaufen. Wir halten Ausschau nach der Innenstadt. Rechts sehen wir eine Moschee, links eine Kirche. Kurz werden wir bei diesem Anblick müde, gähnen beide herzlich, dann wenden wir uns nach rechts und laufen die Straße entlang. Irgendwo muss hier die paphische Innenstadt sein, stattdessen finden wir aber nur ein halbes Dutzend Schuhgeschäfte, die irgendwie unbehaust wirken, so, als würde hier nicht nur jetzt gerade keiner einkaufen, sondern überhaupt nie wieder jemand das Geschäft betreten. Als wir die Schuhgeschäfte passiert haben, kommen wir zu Optikern, die aus irgendeinem unnennbaren Grunde genauso wirken. Gerechterweise muss man zugeben: An den Auslagen liegt es nicht, die sind in Ordnung.
Die Hälfte aller Läden ist leer. Ich denke nach. War da nicht was, Rettungsschirm, Rettungsauflagen, und ist vielleicht sozusagen und zugegeben umstrittenerweise Angela Merkel schuld an wirtschaftlichem Niedergang und Verfall? Oder ist hier etwa gar nicht die Innenstadt, und an einem andernorts gelegenen Platz befinden sich die belebten Boutiquen, angefüllt von einem geschäftigen Rascheln aus Seidenpapier und dem zufriedenen Klacken von Absätzen auf gut gepflegtem Marmor? Wir kehren also um.
An der nächsten Kreuzung bleiben wir stehen. Geradeaus stehen ein paar amtlich wirkende Gebäude. Schräg links sehen wir eine Tankstelle und ein paar Schilder, denen zufolge man hier die Stadt verlassen kann. Auf der Ecke befindet sich eine hübsche Weinbar, Tische vor der Tür unter einer Markise, die steuern wir an. Da sitzen wir also und der Verkehr donnert links an uns vorbei.
Der F. und der J. teilen sich ein Clubsandwich. Der F. trinkt Apfelsaft, der J. ein tröstendes Bier, und ich sauge durch einen mattschwarzen Strohhalm einen Orangensaft ein. Um die Ecke, nur fünf Minuten entfernt, befinde sich der Zoo, behauptet die freundliche Kellnerin auf Anfrage, und wir lassen aufatmend den Plan fallen, die Innenstadt zu suchen. Die gebe es vielleicht auch gar nicht, behauptet der J., der bei der Googlebildersuche nichts gefunden haben will. Ach so, sage ich und schaue im Internet nach, was es im Zoo für Tiere gibt.
Als wir uns etwas später noch einmal mit der Kellnerin unterhalten, nimmt die freundliche Kellnerin alles zurück. Der Zoo sei nicht hier, sondern ganz woanders. 25 Minuten sei das weg mit dem Auto. Ein Auto haben wir aber nicht gemietet, wegen des Linksverkehrs, vor dem wir uns fürchten, und deswegen geben wir auch dieses Vorhaben auf. Kurz spähen wir in die letzte noch nicht begangene Richtung und schauen in leere Friseursalons und unbelebte Bars. Dann fahren wir ins Hotel zurück.
Morgen besser wieder Ausgrabungen.